Conrad Haas und seine Raketen – Raumfahrt im 16. Jahrhundert

( News) Der rumänische Zeugmeister Conrad Haas dürfte den wenigsten Menschen überhaupt bekannt sein und doch könnte er der Vater unserer heutigen sein. Er lebte in Hermannstadt und hatte die Verantwortung für das dortige Munitionsdepot der Artillerie. In seinen wissenschaftlichen Schriften sind Zeichnungen von Raketen zu sehen, die zwei und drei Stufen haben. Eine dritte Zeichnung zeigt eine geplante Rakete mit einem „Häuschen“ auf der Spitze. Wie seiner Niederschrift zu entnehmen ist, entwickelte Conrad Haas im Jahr 1529 erst die zweistufige und später die dreistufige Rakete. Im Jahr 1536 folgten Planungen für eine bemannte Rakete mit einem Häuschen auf ihrer Spitze, welches wir heute als Kapsel bezeichnen würden. In dem Häuschen sollten Passagiere sitzen, was jedoch ein zu großes Risiko darstellte, zudem war die technische Realisierbarkeit für die damalige Zeit zu komplex. Das Kunstbuch mit den Raketen-Zeichnungen befindet sich als Original heute im Nationalarchiv Bukarest, während eine Kopie in Hermannstadt bewundert werden kann. Das Buch umfasst 282 Seiten und davon beschäftigen sich über 150 Seiten in aller Ausführlichkeit mit dem Thema Raketentechnik.

Raketen von Conrad Haas starten in den Himmel

In seinen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1570 beschrieb Conrad Haas seine Raketen im Detail. Seine Mehrstufenraketen sind wie heutige moderne Raketen aufgebaut und eine davon wurde 1555 erstmals in den Himmel geschossen. Der Raketenstart fand vor Tausenden von Menschen statt und gilt als historisch belegt. In seinem Buch beschreibt er illustriert mit detailreichen teils farbigen Zeichnungen den Aufbau zahlreicher Raketentypen. Als Beispiel sind hier eine Bündelrakete und eine Mehrstufenrakete zu nennen. Wie die Treibstoffsätze angeordnet sind, steht ebenfalls im Buch von Conrad Haas. Flüssigkraftstoff und Festtreibstoff kamen bei seinen Raketen zum Einsatz. Die Düsen waren wie ihre heutigen Vertreter glockenförmig und die Raketen verfügten sogar über Stabilisierungsflossen in Deltaform.

Bei den Treibstoffgemischen vermengte er flüssige Brennstoffe als Zusatz zu Salpeter, Kohle und Schwefel. Conrad Haas befasst sich intensiv mit der Frage, welches Treibstoffgemisch optimal geeignet ist und beschrieb seine Mixturen ausführlich. Damals im 16. Jahrhundert dürfte Haas noch nicht an Raumfahrt gedacht haben und dennoch gilt er heute als ein Raketenpionier. Die berühmte Saturn V war eine dreistufige Rakete und brachte Apollo 18 im Jahr 1969 für die Mondlandung sicher zum Erdtrabanten. Das Dreistufenmodell von Conrad Haas sieht im Aufbau verblüffend ähnlich aus, wie die Saturn V der .

Hermann Oberth als echter Vater der Raumfahrt

Der spätere Raketenbauer Hermann Oberth wurde 1894 in Hermannstadt geboren und widmete sich seit Kindestagen dem Traum ins All zu fliegen. Er wird die Geschichte von Conrad Haas eventuell gekannt und in seinem Kunstbuch gelesen haben. Oberth verschlang in seiner Kindheit die Romane des visionären französischen Schriftstellers , baute Modellraketen und Zentrifugen. Die Zentrifugen nutzte er zur Erprobung der Schwerelosigkeit. Nach seiner Schulzeit studierte er in Bayern erfolgreich Medizin und begann nach Ende des Ersten Weltkriegs sein Physik-Studium.

Seine Doktorarbeit „Die Rakete zu den Planetenräumen“ diente als Abschlussarbeit seines Physikstudiums und ist ein weltbekanntes Werk. Es wurde zukunftsweisend für die Raketentechnik. Conrad Haas und Hermann Oberth sind sehr gegensätzlich. Haas hat ein friedliches Menschenbild und rät im letzten Absatz seines Buchs zum Frieden, während Oberth starkes Interesse an der waffentechnischen Nutzung von Raketen zeigte. Im Zweiten Weltkrieg war er in der Heeresversuchsanstalt an der Entwicklung der berüchtigten V2 Rakete beteiligt. Rund 3000 V2-Raketen wurden bis Kriegsende verschossen und das kostete mehreren Tausend Menschen das Leben.

Wer nun als erster Raketenpionier der Weltgeschichte gilt, muss jeder für sich entscheiden. Die Grundlagen zum Aufbau mehrstufiger Raketen schuf allerdings Conrad Haas mit seinen Zeichnungen und deren Umsetzung. Die Geschichte der Renaissance (1300 bis 1600) müssen wir wohl mit Blick auf die Raketentechnik neu betrachten. Die damalige Welt scheint fortschrittlicher gewesen zu sein, als es in den Geschichtsbüchern steht.

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Kurzmeldungen aus der #4/12/2016

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Über den Autor Andreas Krämer

Andreas Krämer ist seit Winter 2002 als Texter mit seinem Schreibbüro aktiv. Er interessiert sich für technische, mysteriöse und wirtschaftliche Themen.

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