30 Jahre nach Tschernobyl – Drohen neue Atomkatastrophen?

Am 26.April 1986 kam es in Reaktorblock 4 des zu einem und dies führte zu einer mit weitreichenden Folgen für die Umwelt. Im Rahmen eines Sicherheitstests sollte das Notfallsystem getestet werden, bei welcher die Turbine bis zum Start der Dieselmotoren die Zeitspanne von rund einer Minute überbrücken sollte. Ein Jahr zuvor wurde das gleiche Experiment in Reaktorblock 3 durchgeführt und war ein Fehlschlag. In der Nacht vom 25. auf 26.April 1986 wurde die Leistung des für den Sicherheitstest langsam auf 25 Prozent der Gesamtleistung heruntergefahren.

Die Leistung fiel jedoch aus bis heute unbekannten Gründen auf unter ein Prozent und in diesem Fall ist ein Anfahren des Reaktors strengstens untersagt. Im Reaktorkern sammelte sich eine erhebliche Menge des Isotops Xenon-135, welches die Kettenreaktion verlangsamt. Die verantwortliche Mannschaft deaktivierte eine zu hohe Anzahl an Steuerstäben und zusammen mit der massiven Konzentration des Edelgases Xenon-135 belief sich die Nennleistung auf sieben Prozent. Die geringe Leistung hätte die Crew zur Abschaltung des Reaktorblocks 4 veranlassen müssen, doch statt-dessen wurde mit dem Experiment begonnen.

Countdown zum Super-GAU

Der Countdown zur bislang größten Atomkatastrophe wird mit dem Start des Testlaufs eingeläutet. Von den 211 Regelstäben befanden sich um 1:03 Uhr nur noch 18 Stäbe im Reaktorblock. Automatische Sicherheitssysteme und aufleuchtende Warnanzeigen wurden vom Leiter des Experiments ignoriert, weil dies für einen Erfolg des Tests erforderlich war. Der Reaktorblock 4 von Tschernobyl befand sich in diesem Moment in einer instabilen Phase und der Druck im Reaktor stieg massiv an. Eine Notabschaltung hätte den bevorstehenden Super-GAU verhindert, doch das Personal führte den Testlauf trotz aller Warnhinweise weiter.

Als stellvertretender Chefingenieur leitete Anatolij Djatlow das Experiment und trotz einer Forderung des Schichtleiters Akimow den Test abzubrechen, wurde die Mannschaft angeleitet den Strom abzuschalten. Die Auslaufenergie versorgte die Turbine mit Strom und dies sorgte für eine geringere Kühlung des Reaktors. Um 1:23 Uhr begann der Testlauf, doch bereits 36 Sekunden später folgte ein massiver Leistungsanstieg und das veranlasste Akimow dazu die Regelstäbe einfahren zu lassen. Der Siedewasser-Druckreaktor RBMK-1000 geriet in der Folge völlig außer Kontrolle, weil die Regelstäbe an ihrem Ende über eine Graphitbeschichtung verfügen. Das Graphit beschleunigte die Kettenreaktion kurzfristig, doch in dieser Notlage stellte sich dieser Nachteil als Auslöser der Kernschmelze heraus. Alle Regelstäbe wurden zugleich eingelassen und das resultierte in einer hundertfachen Steigerung der Nennleistung. Die Stäbe schmolzen teilweise und verkeilten sich im Reaktorbecken. Kurz vor 1:24 Uhr kam es zu zwei Explosionen, die den Reaktorblock 4 völlig zerstörten.

Radioaktive Stoffe in Form von Jod-131, Cäsium-134 und Cäsium-137 gerieten mit Nukliden in die Luft. Schwedische, norwegische und finnische Messanlagen verzeichneten nach dem Super-GAU einen gravierenden Anstieg der Radioaktivität. Am Abend des Katastrophentages berichtet die sowjetische Nachrichtenagentur TASS nur von einem Reaktorunfall in Tschernobyl. In der Zwischenzeit wurde die Stadt Pripjat mit ihren 50.000 Einwohnern evakuiert und das Gebiet um den Atomreaktor zum Sperrgebiet erklärt.

Die Folgen für Europa waren gravierend, denn es wurden Sofortmaßnahmen eingeleitet und die angewiesen keine Pilze und Obst zu pflücken, da diese eine Strahlenbelastung hatten. Radioaktiv belastetes Freilandgemüse wurde beschlagnahmt und Tschernobyl erhielt nach der Entlassung von Djatlow einen neuen Direktor. Grobe Fahrlässigkeit wurde als Ursache für das Unglück von der Sowjetregierung genannt.

Sieben Monate nach dem Super-GAU war der über 60 Meter hohe Stahlbeton-Mantel rund um Reaktorblock 4 fertig gebaut. Der gigantische Sarkophag gilt als Provisorium und deshalb im März 2012 eine neue Schützhülle namens New Safe Confinement (NSC) beschlossen, die 2017 fertig sein und den Atomreaktor schützen soll. Auf zwei Milliarden Euro sollen sich die Baukosten für den NSC belaufen.

Atomkraft – Eine Gefahr für die Menschheit?

Beim Super-GAU von Tschernobyl starben hunderte Menschen wegen Verstrahlung und die WHO rechnet mit einem vorzeitigen Tod von 2200 Arbeitern, die damals als so genannte Liquidatoren halfen das Atomunglück einzugrenzen mit negativen Folgen für ihre Gesundheit.

Nach Tschernobyl kam es im März 2011 im japanischen Atomkraftwerk Fukushima zu einer Kernschmelze mit weitreichenden Folgen für Japan und die Welt. Die zwei belgischen Atomreaktoren Tihange 2 und Doel gelten unsicher. Die Druckwasser-Reaktoren sorgten in der Vergangenheit mit Pannen für negative Schlagzeilen. Die zwei Kernkraftwerke liegen an der deutschen Grenze und die Bundesregierung forderte die belgische Regierung zur Abschaltung der AKWs auf, doch bis heute laufen die veralteten Reaktoren, die seit 1975 in Betrieb sind.

Eine Kernschmelze wie in Tschernobyl hätte schreckliche Konsequenzen für die europäische Bevölkerung. Die Folgen hätten gravierende Auswirkungen auf das Leben der Menschen, die mit der Gefahr radioaktiver Verseuchung Leben müssten. Die EU-Staaten würden Schutzzonen errichten und die Region rund um die zwei Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel zu einen weiträumigen Sperrgebiet erklären.

Videos zu Tschernobyl und den belgischen Atomreaktoren
Super-GAU Tschernobyl


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10 Fakten über Tschernobyl

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Atomkraftwerk Tihange

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Bild: © Depositphotos.com / svedoliver
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Über den Autor Andreas Krämer

Andreas Krämer ist seit Winter 2002 als Texter mit seinem Schreibbüro aktiv. Er interessiert sich für technische, mysteriöse und wirtschaftliche Themen.

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